iPad Mini 4 Langzeitrezension
Hintergrund
An ein Tablet (oder Detachable mit ungenutzter Tastatur) habe ich nur wenige Anforderungen, die in dieser Kombination allerdings nicht angeboten werden: kleines Displayseitenverhältnis (ca. 4:3 ist ideal), geringe Displayspiegelung, kein Displayflimmern (PWM), 10+h WLAN-Akkulaufzeit drinnen, gesetzeskonformes Betriebssystem (d.h. Datenschutz und Privatsphäre), mindestens 7 Jahre Sicherheitsupdates, flexibles geräte- und netzwerklokales Dateimanagement, flüssige Bedienung im Idle, handhaltbar, anständiger Preis.
Ich wollte immer ein Windows-Tablet haben und ungefähr 2010 begann ich, nach einem Ausschau zu halten, aber bis heute ist immer noch kein überzeugendes erschienen. Android wäre wegen Datenklaus, kurzen Updates usw. immer nur eine Notlösung gewesen und die paar besten Android-Tablets hatten starke Displayspiegelung, Hitze oder zu große Displayseitenverhältnisse. Linux ist für Tablets selten. Also kamen iPads in Erwägung, obwohl Apple und iOS unter vielen Windows-Nutzern schon 2010 folgenden Ruf hatten: kundenfeindlich, wartungsfeindlich, Walled Garden, nutzungsfeindliches Dateimanagement, überteuert.
Kauf
Das iPad 1 erschien 2010, war aber kaum attraktiv. Das iPad 2 war das erste wirklich brauchbare iPad. Das iPad Air 1 war das erste iPad mit überzeugendem Gehäuse. Ernsthaft zu kaufen erwog ich aber erst 2014 das iPad Air 2 wegen der Displayspiegelungsreduktion mit Violettstich, aber es spiegelte für meinen Bedarf etwas zu stark. Das änderte sich dann 2015 mit dem iPad Mini 4, dessen Displayspiegelungsreduktion einen leichten Indigostich hat, aber jedenfalls gerade so für die Nutzung im Freien brauchbar wurde.
Das iPad Mini 4 erschien am 9.9.2015 ab €389 für 16GB. Ich ging zum Apple-Store zur Displayinspektion und für Fragen nach Dateimanagement von Dateien mit Nicht-Standard-Dateiformaten, aber mehrere Mitarbeiter konnten mir keine Lösung benennen, sodass ich mit stark eingeschränkter Funktionalität rechnen musste. Nun hatte ich mir für ein Tablet mit nicht vom Nutzer tauchbarem Akku etwa €300 als Limit gesetzt und wartete daher auf Schnäppchen. Für ein paar Stunden am 22.12.2015 gab es eins, ich kaufte für €340 und erhielt es am 24.12.2015 (Heiligabend).
Weihnachten
Das iPad hatte ich mir also quasi selbst als Weihnachtsgeschenk beschert, aber es war das Weihnachtsgeschenk meines Lebens, bei dem am wenigsten ein entsprechendes Gefühl aufkommen wollte. Ich war nämlich die Weihnachtstage 2015 damit beschäftigt herauszufinden, ob und ggf. wie ich Dateien zwischen iPad und Windows-PC transferieren könne. Nach vergeblichem Probieren von etwa zwei Dutzend Tools fand ich schließlich nebst dem obligatorischen iTunes je ein Freewaretool fürs iPad und den Windows-PC, um zumindest Dateien mit Mainstreamdateiformaten per LAN zu transferieren. Nicht-Standard-Dateiformate funktionierten wie erwartet bis auf Weiteres nicht.
Hardware
Mein iPad Mini 4 ist rückseitig silbermetallig und vorderseitig glasbedeckt über weißem Kunststoff. Die Metallschale ist außerordentlich robust, hielt mehrere Jahre kratzerlos und hat erst in den letzten Jahren leichte Kratzer aufgenommen. Die frühe Ausführung des iPad Mini 4 hatte rückseitig eine schwarze Kunststoffausparung fürs WLAN, aber meine Ausführung ist hinten Vollmetall; trotzdem ist die WLAN-Reichweite in jede Richtung durch eine Mauer mindestens 30m - beeindruckend! Obwohl mir das iPad in letzten Jahren bei zunehmender Unachtsamkeit wegen fehlenden Restwerts ein paar Mal aus 40 bis 70cm Höhe im Wohnzimmer auf den Boden gefallen ist, ist das vorderseitige Glas unbeschädigt. Vermutlich liegt das auch daran, dass die Metallschale an den Seiten herumgreift. Sie ist dort nach hinten abgerundet, noch vorne aber mit schräger, harter, sonnenlichtspiegelnder Kante, vermutlich um Apple trotz schraubenlosen Gehäusedesigns ein Öffnen mittels Spezialgeräten zu ermöglichen.
An den Seiten gibt es die Knöpfe Power, Lauter und Leiser, die 3,5mm-Klinke, einseitige Lautsprecheröffnungen und den proprietären, zumindest nochmal metalleingefassten Lightningport. Die Rückseite hat die Hauptkamera, deren schlechte Qualität ich sehr gerne inkauf nehme für Buckelfreiheit und planares Liegen des Tablets auf einem Tisch, und das Mikrofon. Die Vorderseite hat schmale linke und rechte Ränder zum Tablethalten in einer Hand und breite obere und untere Ränder für die kleine Selfiekamera, auf die ich lieber verzichtet hätte, und den Home-Button. Dieser war in den ersten Jahren leider notwendig zum Wiederaufrufen des Homescreens, ist aber in Gefahr frühzeitiger Abnutzung mit dann notwendiger Reparatur. Nach nicht nur meiner Kritik wurden später iOS und - nach Umbenennung - dann iPadOS geändert, um den Home-Button fast überflüssig zu machen. Nunmehr kommt man auch mit Wischgeste zum Homescreen, was ich nutze, um den Home-Button zu schonen.
Anfangs waren CPU und RAM gut genug für flüssige Alltagsnutzung. Mit den vielen i(Pad)OS-Updates im Laufe der Jahre wurde manche Alltagsnutzung (z.B. Textzeicheneingabe) zäh. Es ist ein bekanntes Mittel der Obsoleszenz von Apple, beim RAM zukunftsunfähig zu sparen und durch Updates zu verschlimmbessern. In der Erscheinungszeit und Rezensionsphase eines Geräts funktioniert es erwartungsgemäß, aber in späteren Jahren wird das Funktionieren immer schlechter.
Durch Beschränkung der Basisvariante auf nur 16GB SSD und weitgehendes Füllen durch Updates hat sich Apple selbst mehr als mich geschadet. Ich habe mich nämlich einfach beim Appkauf sehr stark beschränkt (Nichts außer eines Fernsehzeitschriftenabos) und Bildschirmfotos regelmäßig auf den Windows-PC ausgelagert. Und nein, mehr als die Basisvariante hätte ich angesichts der Abzockaufpreise niemals bezahlt. Erst später senkte Apple die UVP für die 64GB-Variante.
Für meine Alltagsnutzung ist die Darstellung des Displayinhalts sehr gut mit ausreichender Auflösung und hinsichtlich der Farben. (Ich nutze auf dem Tablet keine farbkritische Anwendung.) Die Helligkeit kann im Dunkeln dunkel genug eingestellt werden. Im Freien sind die gut 450 nits gerade so brauchbar, tagsüber von Frühling bis Herbst allerdings angesichts der Spiegelungen anstrengend und von 11:30 bis 12:30 auch im Gegenlicht mit Kapuze als Sonnenschirm grenzwertig. Ich weiß schon, warum ich nicht nur bei Fenstern im Rücken gerne ein mattes (oder nanotexturiertes) Display hätte und Spiegelungsreduktion bei spiegelnder (glare) Oberfläche nicht hinreichend ist.
Sowohl das originale Lightning-USB-Kabel als auch ein Ersatzkabel sind die mit größtem Abstand schlechtesten Kabel, die ich jemals hatte. Sie sind sehr dünn und tendieren zum Brechen nahe dem Lightning-Stecker. Das USB-Netzteil besteht zwecks Herstellungskosteneinparung aus zwei Teilen und sich abnutzender Kunststoffschutzschicht nahe den Leiterenden. Beides erhöht die Gefahr von Stromschlägen(!), sodass man nicht blind hantieren sollte, sondern den Stecker bei gutem Licht in die Steckdose stecken oder aus ihr herausziehen sollte. Kurz nach Kauf führte Apples unzureichende Information zu zweimaligem Tausch eines der beiden Teile, bis sich herausstellte, dass ich schon das richtige, nicht von einem Produktionsfehler betroffene Teil hatte.
Akku
Apple warb mit 10h Akkulaufzeit. In den ersten paar Monaten hielt der Akku drinnen mit Helligkeitsreglerposition bei etwa einem Drittel erfreulicherweise 11:50 durch, draußen bei maximaler Helligkeit 5:30. Das war Apple zu gut, sodass Apple bald ein kleines Obsoleszenz-iOS-Update nachschob, um von einem Tag auf den anderen die Laufzeit auf 10:00 zu senken (15,5% weniger), woran sich dann in den ersten drei Jahren nichts mehr änderte. Anfangs war es als Nutzer einfach, die Akkulaufzeit seit der letzten Ladung in den Batterieeinstellungen abzulesen, was ich mehrmals täglich tat. Als weitere Verschlechterung ersetzte Apple dies durch nutzlose Statistiken. Man muss sich nun selbst Notizen machen zu Uhrzeiten des Ladens, Ein- und Ausschaltens, um die Akkulaufzeit seit der letzten Ladung zu ermitteln.
Nach drei bis dreieinhalb Jahren zeigten sich die ersten Verkürzungen der Akkulaufzeiten. Normalerweise hätte ich dann einen neuen Akku gekauft, aber die knapp €120 hielten mich davon ab. Ende 2021 waren die Akkulaufzeiten und WLAN-Stabilität so weit zurückgegangen, dass ich dann doch einen Akku gekauft hätte, aber Apples iCloud-Nutzungsbedingungen-Terror hielt mich ab. Außerdem hob Apple den Preis auf €150 an, was ich als würdeverletzend ansehe, so einen Preis jenseits von bloßem Wucher zu bezahlen. Da mir Apple Anfang 2025 eine Vermeidung der iCloud-Popups mitteilte und nun vermeintlich den Preis auf €135 senkte, versuchte ich zweimal Anfang Februar 2025, einen Akku zu kaufen, musste aber erfahren, dass Apple über die Verfügbarbeit von Ersatzakkus log und Ersatzhardware nur für 7 Jahre bereitgestellt wird.
Einerseits ist es bemerkenswert, dass der Akku auch nach gut 9 Jahren noch nicht ganz gestorben ist, sondern bei minimaler Helligkeit noch ca. 1 1/2 bis 3 Stunden und bei maximaler Helligkeit ca. 20 Minuten durchhält. Andererseits ist Apple für den Mythos "It just works!" bekannt. Mein iPad ist aber mein jemals einziges elektrisches Gerät, welches nicht einfach durch Stromanschluss funktioniert. Stattdessen lädt es erst den Akku auf einen Schwellenwert auf, bevor das Tablet überhaupt genutzt werden kann. Bei schlechtem Akku gibt es weitere Merkwürdigkeiten. Nach Aufladen über Nacht kann es vorkommen, dass nicht geladen wurde, oder notwendig sein, das Kabel kurz zu trennen und dann für mindestens ein paar Minuten oder evtl. dauerhaft zu verbinden, damit sich das iPad nicht wieder ausschaltet. Ggf. mehrmals. Innerhalb von einer Sekunde kann die Akkuanzeige auch mal von 0% auf 100% springen oder von 100% kann sich das iPad ausschalten. Wenn scheinbar gar nichts mehr geht, hilft vielleicht drei Tage vom Strom trennen und dem Akku etwas Ruhe gönnen vor dem nächsten Ladeversuch. Dann gäbe es laut Apple-Mitarbeiter auch noch den Hardreset (mit Löschen aller Daten) durch Stromanschluss und 15s Drücken von sowohl Home-Button als auch Power-Knopf gefolgt von weiteren 10s Drücken nur des Home-Buttons.
Am PC angeschlossen lädt der Akku übrigens nicht.