Nachdem ein Desktopneukauf 2,5 Jahre lang an maßlos überhöhten Preisen und knapper Verfügbarkeit von Grafikkarten, guten Netzteilen und DDR5-RAM scheiterte, ist beides nun fast wieder auf normalem Niveau. Nur DDR5-Mainboards der Mittelklasse sind noch ca. €70 überhöht und einige neue Komponenten sind noch nicht ganz auf Vorgängerpreisniveau, sodass man letztlich etwa 7% zu viel zahlt. Dennoch ist aktuell ein guter Zeitpunkt zum Kauf, weil neue Hardware bei GPUs, CPUs, Mainboards und RAM da ist und SSDs spottbillig sind.
Wer wie ich den Desktopneukauf wagt und dies nur alle Jubeljahre tut, tappt mit Sicherheit in ein paar unerwartete Fallen, weil den meisten Anleitungen ein oder zwei wesentliche Informationen fehlen und man manchmal nach dem Prinzip Hoffnung kaufen muss, weil man sich nicht endlos informieren kann. Konkret:
- Windows 11 Pro bekommt man bei Idealo für ca. €5, aber man kann in vernünftiger Zeit nicht Raubkopie von legalem Weiterverkauf unterscheiden, bei seriösen Händlern als SystemBuilder / OEM / DSP für ca. €145 oder fpür Dumme mit Umverpackung als "Vollversion" für ca. €250.
- In den aktuellen Builds bekommt man selbst Windows 11 Pro nur noch so, dass man für die Einzelplatzinstallation (möglicherweise im Unterschied zur Domäneninstallation) zwingend einen funktionierenden Internetanschluss benötigt, also typischerweise einen schon vorher eingerichteten Router, denn sonst bleibt man mitten in der Installation hängen und Weiter bleibt unanklickbar! Microsoft ist hier im höchsten Maß böswillig! Wer keinen anderen Computer zum Routereinrichten hat, wer vielleicht in Übersee, auf Ozeanen oder dem Land keinen Internetzugang und auch kein Satellitentelefon hat oder wer gerade vom Internetausfall betroffen ist, der kann zwar seinen ggf. teuren Computer zusammenbauen, aber nicht nutzen. Jedenfalls noch nicht mit Windows. Vielleicht mit Linux. Warum aber gibt man dann viel Geld für die Windows-Lizenz aus? Damit man sie nicht nutzen kann! Ich habe Glück gehabt: ein schon vorher eingerichteter Router mit funktionierendem Internetzugang. Warum macht Microsoft so etwas? Aus reiner Schikane, um das Einrichten eines Microsoft-Kontos noch wahrscheinlicher zu machen? Ich bin dabei allerdings noch mehr um die Computersicherheit besorgt, wenn ich den Computer schon ans Internet hängen muss, noch bevor ich in Windows Sicherheitsschutzmaßnahmen und Härtung einrichten kann. Die Windows-Installation ist die größte Sicherheitslücke von Windows!
- Fast alle Methoden zur Vermeidung eines Microsoft-Kontos bei der Installation funktionieren nicht mehr. Es geht scheinbar nur noch eine: eine Fake-Emailadresse und dazu ein Fake-Passwort und Fake-Account-Daten eines nicht existierenden Microsoft-Kontos eingeben. Dann soll man als nächstes seinen Namen eingeben. Gemeint ist aber: den Namen des Administrator-Benutzerkontos! Nebst Passwort und drei Sicherheitslücken namens Sicherheitsfragen und ihren Antworten, die sinnvollerweise weitere Passwörter sein sollten. Man schreibe sie sich alle auf einen Zettel auf, den man leicht zugänglich aufbewahre, weil man ihn später beim Anlegen weiterer Benutzerkonten (dort wieder mit Fakedaten die Microsoft-Konten verhindern oder in den Gruppenrichtlinien die dazu passende Einstellung finden: Computer Configuration | Windows-Einstellungen
| Sicherheitseinstellungen | Lokale Richtlinien | Sicherheitsoptionen | Konten Microsoftkonten blockieren = "Benutzer können keine Microsoft-Konten hinzufügen oder sich damit anmelden") wiederverwenden will, um nicht endlos neue Passwörter anzuhäufen, sondern die gleichen nutzlosen für die Sicherheitsfragen wiederzuverwenden. Windows 7 war fast privat und datenschutzkonform - seitdem ist jede neue Windowsversion mit zunehmend mehr potenziellen Lücken durchlöchert, mit denen Windows 11 einen während der Installation zu nerven beginnt, aber hunderte weitere Einstellungen sind in den Tiefen des Systems versteckt. Ostereiersuchen für Bürokraten. Das und der Crapwaremüll sind so frustrierend und in der Beseitigung so zeitaufwändig, dass über die auch vorhandenen paar guten neuen oder doch nicht gestrichenen alten Features keine Freude aufkommen wollte. Nur beim Blick ins Adminstrator-Benutzerkonto kam dann ein Funken Freude auf, als ich "Lokales Konto" las.
- Wenn man sich die meisten Youtube-Videos zum Desktopeigenbau anguckt, könnte man meinen, es sei ein Kinderspiel und dauere nur ein paar Minuten. Weit gefehlt! Es hat mich jemand gefragt, ob das wie Lego sei. Nur hinsichtlich SSD- und RAM-Einstecken. Ansonsten eher wie Fischer-Technik für Fortgeschrittene. Ich habe wohl etwa 20 Stunden für den Zusammenbau benötigt. Zwar auch wegen vielleicht übertriebener Vorsicht, aber andererseits kann man sich den Computer schon beim Bau kapputtmachen durch Fallenlassen elektrisch leitfähiger oder schwerer Teile, falsche Stromleitungen und Abbrechen. Zwischendrin muss man immer wieder Zwangspausen einlegen, um sich sachkundig zu machen oder mit Versuch und Irrtum klüger zu werden. Besonders zeitaufwändig waren: Ausschrauben der mitgelieferten Gehäuselüfter und Einschrauben der leiseren Wunschlüfter, denn die Schrauben sind sehr schwergängig und das aus dem guten Grund dadurch geringer Vibrationen auch ohne Gummipuffer; Montage des extragroßen CPU-Luftkühlers nebst CPU und Paste; Herausfinden der Luftansaugvorseite zu jedem Lüftertyp.
- Nach dem Zusammenbau kam der große Moment: auf den Einschalter drücken. Tataa - tataa - tataa! Nichts passiert. Das Mainboard bleibt ohne Lämpchen und kein Lüfter bewegt sich. Nachdenken, ob ich alles wieder auseinanderbauen und an drei Händler retournieren solle... Erst einmal eine ausgiebige Pause machen. Mitten in der Nacht dann die Taschenlampe in die Hand genommen und bei der mutmaßlich wahrscheinlichsten Fehlerquelle zu suchen begonnen: den Kabelsteckverbindungen. Und siehe da: schwarzer Stecker auf schwarzem Sockel tief im Gehäuseinnenschatten ist nicht so leicht zu erkennen. Da hatte ich doch den Mainboard-Hauptstecker nicht tief genug reingedrückt! Der ist immer schwergängig, wiederum weil er dauerhaft fest verbunden sein soll. Und siehe da: das war tatsächlich der einzige nennenswerte Fehler. Dass ich außerdem, wenn ich die Grafikkarte gleich mit einbaue, der Mainboardanleitung folgen und den Monitor nicht ans Mainboard, sondern zumindest anfangs an die Grafikkarte anschließen sollte, hatte ich mir schon vorher gedacht, hatte ich aber interessehalber proviziert. Erst nach Treiberinstallationen kann man sich aussuchen, wo man das Kabel anschließt.
- Selbstredend müssen die Bauteile alle zueinander kompatibel sein: spezifikationsmäßig, in der Bauform und in ihren Maßen. Beim extragroßen CPU-Kühler wusste ich nur, dass den RAM drunterpasst, war ich mir aber nicht ganz sicher, ob es Konflikte mit der Grafikkarte oder den VRM-Kühler gebe. Ich vertraute einfach darauf, dass die zahllosen Videos mit ähnlichen Builds alle passten. Es ist nicht das größte Kühler am Markt, aber ungefähr einer der zweitgrößten. Was man dabei nicht bedenkt: auch die (bei meinem Board zwei) Stromstecker für die CPU müssen noch reinpassen. Sie hinterher reinzufummeln mit Kraftaufwendung war sehr schwierig. Klüger wäre gewesen, erst sie reinzustecken, die Kabel wegzuführen und dann den CPU-Kühler einzubauen.
- Man kann sich zwar vorher Gedanken über gute Kabelführung (und von den Gehäuselüftern auch: Kebelwegführung) machen, aber in der Praxis wird man trotzdem auf Schwierigkeiten stoßen und muss umdisponieren. Was mir vorher nicht klar war, dass man Kabel so verlegen muss, dass sie nicht auf potenziell heißen Teilen landen: CPU-Backplate, Netzteil und dergleichen. Schön aussehen ist zweitrangig - wichtiger ist die Brandsicherheit.
- Wieviel Wärmeleitpaste? Nicht zu wenig und nicht zu viel. Dazwischen gibt es durchaus einen Spielraum, wie man anhand vieler Beispiele sehen kann. Letztlich ist aber doch ungewiss und man muss hoffen, dass man es richtig gemacht hat. Also nicht so wenig, dass letztlich auch nach Zerlaufen freie Stellen bleien, und nicht so viel, dass es ein Schlammbad wird. Das Muster ist wohl egal - jeder glaubt an andere Klecksformen. Dabei ist die Beschaffenheit der Pasten unterschiedlich und nicht jede Form gut malbar.
- Der Anleitung fürs Firmwareupdate des Mainboards fehlte eine wichtige Information: der richtige Zeitpunkt zum Anstecken des USB-Sticks. Musste ich ausprobieren. Erst ging es nicht, also nochmal von vorne und später reinstecken.
- Treiber sind auch kein einfaches Thema. Hier mein grundlegender Tipp: einen aktuellen Treiber für die Grafikkarte vom GPU-Chip-Hersteller (bei Nvidia den Gamingtreiber für 3D-Spiele oder den Studiotreiber für Stabilität und Arbeitsanwendungen, aber 3D-Spiele funktieren trotzdem, wenngleich vielleicht ohne esoterische Treiberextras), den Chipsatztreiber zum richtigen Chipsatz vom CPU-Hersteller, vorher aber Windows erst einmal seine Arbeit machen lassen, vom Mainboardhersteller zur Sicherheit alle evtl. benötigten Treiber runterladen, aber später dann nur die noch benötigten verwenden, weil im Gerätemanager noch ein Ausrufezeichen oder Unbekanntes Gerät steht. Soweit so gut. Dennoch habe ich einen Fehler gemacht: Für die iGPU taugt AMDs VGA-Treiber nicht: dessen Installation hing sich auf. Die Lösung, nach zwischenzeitlichen Resets und Neustarts war dann aber nicht so schwer: im Gerätemanager die iGPU-Grafikkarte auswählen, dort Treiber installieren wählen und auf dem Computer durch Windows suchen lassen. Da wollte Windows einfach nochmal angestuppst werden. Erst wenn das nicht funktioniert, muss man ggf. aufwändigere Treiberinstallationsverfahren verwenden. Aber diesmal war dann alles durch.
Wer jetzt realisiert, dass Desktopeigenbau bei aufwändigen Systemen doch nicht so einfach ist, kaufe vielleicht lieber ein Notebook. Wer sich auch jetzt noch nicht abschrecken lässt, der kann den Desktopeigenbau wagen. Bei Ignorieren der Desktopperipherie ist die Kostenersparnis gegenüber einem Notebook der neuen Generation mit ähnlicher Ausstattung, aber 2/3 ~ 4/5 der GPU-Geschwindigkeit grob €1300+, in ein paar Monaten vielleicht noch €1000.
Ohne Tuning ist mein Desktop mit Passiv-Netzteil (Achtung: das Gehäuse muss darüber Luftraum / Gitterlöcher haben! Viel mir kurz vor Kauf gerade noch rechtzeitig auf.) geschätzt 39~40dB im Vergleich zu diversen Noisesamples in Tests, nach Tuning der Lüfter komme ich vermutlich auf ca. 37dB. Ein Notebook am oberen Ende vorgenannter Geschwindigkeit wird bei GPU-Last typischerweise näher an 43dB sein, bei schlechter Wahl ggf. deutlich lauter. Wer unter 40dB will, landet bisherigen Tests zufolge eher in der 3070TI / 4070 - Laptop - Geschwindigkeitsklasse. Also lärmmäßig ist Desktop bei eher hoher Geschwindigkeit klar im Vorteil. Man wähle ein großes Airflow-Gehäuse für 14"-Lüfter (drei vorne, 1 hinten), Arctic P14, die leisesten von BeQuiet oder ähnlich, Scythe Fuma 3 (sobald erscheinend), Darkrock Pro 4 oder einen der großen und sich in Tests als relativ leise erwiesenen Noctuas. Bei Grafikkarten muss es natürlich auch eine der leisesten sein, gerne groß und mit viel Kühlkörper und Luftvolumen. Dabei ist eine Grafikkartenserie aber nicht durchgängig gut, sondern man muss zu jedem Modell je GPU die Tests studieren, wenn man etwas wirklich Leises haben möchte. Geschwindigkeit ist kein Problem; da nehmen sich die Karten mit gleicher GPU alle fast nichts.